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Fluorchinolone

Nebenwirkungen

Eine Hilfeseite - Verein VFCN 

Teil 2 - Lokalisierung von Fluorchinolon-induzierten Beschwerden

Aktualisiert: 5. Juni 2020


Der Verein zur Aufklärung über die Nebenwirkungen von Fluorchinolon-Antibiotika (FC) initiierte im Jahre 2019 eine Online-Patientenbefragung mit dem Ziel, die Zusammenhänge zwischen der Einnahme von FC und deren Nebenwirkungen besser zu verstehen. Die Umfrage richtete sich ausschliesslich an Patienten mit schweren und/oder dauerhaften FC-Nebenwirkungen. Die Betroffenen wurden vorwiegend über einschlägige soziale Foren zur Teilnahme an der Befragung eingeladen. Es nahmen insgesamt 262 betroffene Patienten aus dem deutschen und französischen Sprachraum an der Befragung teil.

Die Ergebnisse und Auswertungen der Befragung sollen in regelmässig erscheinenden Blog-Beiträgen auf dieser Webseite publiziert und diskutiert werden. Im folgenden Beitrag geht es um die Art und Lokalisierung von muskuloskelettalen FC-Nebenwirkungen.


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Muskuloskelettale FC-induzierte Beschwerden


Die Auswertung der Ergebnisse der Online-Umfrage offenbarte, dass beinahe 90% aller FQAD-Patienten unter muskuloskelettalen Beschwerden leiden. Neben Muskeln und Gelenke sind vor allem Sehnen und Bänder betroffen und nachhaltig geschädigt. Den Risikobewertungen der Pharma-Hersteller und Aussagen von Ärzten zufolge sollten muskuloskelettale Nebenwirkungen grundsätzlich nur lokal und auf einzelne Körperstellen beschränkt auftreten. Diese Annahme widerspricht jedoch den Aussagen vieler Betroffener, die von körperweiten und systemischen Beschwerden berichten. Ein Ziel der Umfrage war es deshalb, herauszufinden, welche Körperbereiche am häufigsten betroffen sind.

Beschwerden in den Sehnen und Bänder


Sehnenbeschwerden gehören zu den Nebenwirkungen, die eindeutig mit der Einnahme von FC in Verbindung gebracht werden können. Es gibt kein anderes Medikament, das Sehnen und Bänder in vergleichbarem Masse angreift. Obschon FC-induzierte Sehnenbeschwerden mittlerweile von der medizinischen Fachwelt anerkannt sind, werden sie vorwiegend mit der Achillessehne assoziiert. Im Weiteren liegt der Fokus der ärztlichen Betrachtung auf der akuten Schwächung des Sehnengewebes und daraus resultierenden Sehnenrissen, nicht aber auf der Entwicklung von chronischen Sehnenbeschwerden und -entzündungen.


In der folgenden Grafik sind die Bereiche der betroffenen Sehnen und Bänder aufgelistet in der Reihenfolge der Häufigkeit der auftretenden Beschwerden. Die Häufigkeit wird ausgedrückt über den Anteil der Betroffenen, die unter Beschwerden im jeweiligen Sehnenbereich leiden. Mehrfachnennungen bei der Beantwortung der Frage waren möglich. Die Beschwerden und ihre Häufigkeit sind unterteilt in Sehnenrisse, -entzündungen und -schmerzen. Sehnenentzündungen (Tendinitis) sind Entzündungsreaktionen im betroffenen Sehnengewebe und können mit Sehnenschmerzen einhergehen. Sie sind in der Regel in bildgebenden Verfahren wie MRT und Ultraschall sichtbar und somit diagnostizierbar. Unter Sehnenschmerzen sind vor allem nicht entzündliche und messbare Schmerzen im Bereich der Sehnen und Bänder zu verstehen, oft als Folge einer chemisch-strukturellen Veränderung des Sehnengewebes (Tendonosis). Die verschiedenen FC-induzierten Beschwerden sind auf unterschiedliche Mechanismen zurückzuführen, die auf die Sehnen und Bänder wirken.





Die Auswertung der Daten zeigt, dass sämtliche Bereiche im Körper von Sehnenbeschwerden betroffen sein können. Unabhängig von der Art der Beschwerden ist die Achillessehne am häufigsten betroffen gefolgt von den Sehnen im Schultergelenk und den Ellenbogensehnen. Auffällig sind auch die Beschwerden in nicht stark belasteten Sehnen wie z.B. die Kiefersehnen. Somit korrelieren Sehnenbeschwerden nicht zwingend mit der Ausübung oder sogar der Vermeidung von körperlichen Aktivitäten


Den Ergebnissen zufolge sind Sehnenrisse eher selten. Nur bei 4% aller Betroffenen mit schweren und chronischen Nebenwirkungen wurde ein Riss in der Achillessehne diagnostiziert. Unwesentlich weniger Patienten erlitten einen Sehnenriss im Bereich der Schultergelenke. Die Zahlen zeigen, dass betroffene Patienten vielmehr unter schweren und chronischen Sehnenschmerzen und -entzündungen leiden als unter den Folgen eines Sehnenrisses. Und auch hier bestätigen sich die aus den Erfahrungsberichten betroffener Patienten hervorgehenden Annahmen, dass FC-induzierte Sehnenbeschwerden in vielen Fällen nicht entzündlich und somit nicht diagnostizierbar sind. So leiden beinahe 50% aller Umfrageteilnehmer unter Achillessehnenschmerzen, 42% unter Schmerzen in den Schultersehnen und 39% in den Arm- und Fingersehnen. Weitaus weniger häufig sind Sehnenentzündungen, wobei auch hier die Achillessehnen am häufigsten betroffen sind (20%) gefolgt von den Schultergelenken (18%) und den Armen (14%).



Fazit


Die Sehnenbeschwerden (Risse, Entzündungen, Schmerzen) konzentrieren sich nicht ausschliesslich auf die Achillessehnen. Andere Bereiche und Körperstellen können ebenso häufig betroffen sein. Die Ergebnisse der Befragung widersprechen somit den Risikobewertungen der Pharma-Hersteller sowie den Aussagen zahlreicher Ärzte, wonach ausschliesslich Achillessehnenbeschwerden mit einer FC-Einnahme assoziiert werden.


Die Achillessehne dürfte die für die Mobilität des Menschen wichtigste Sehne des Körpers sein. Eine Beeinträchtigung der Achillessehne führt deshalb zu einer hohen Immobilität. Diese verlangt eine sofortige ärztliche Behandlung und umfassende Therapie. Diese Wahrnehmung von Seiten der Ärzte mag ein Grund dafür sein, warum ausschliesslich Achillessehnenbeschwerden mit der Einnahme von FC assoziiert werden.


Ein weiteres Problem ist die Tatsache, dass klinische Studien zur Evaluierung des Risikopotentials von FC nicht über einen Zeitraum von 30 Tagen hinausgehen. Durch FC verursachte chronische Beschwerden und Langzeitschäden der Sehnen werden in solchen Studien somit nicht umfassend abgebildet. Ein weiterer Schwachpunkt von klinischen Studien zum Nachweis von dauerhaften Nebenwirkungen ist die Wahl der Kontrollgruppe, welche unter Umständen aus Patienten besteht, die bereits einmal FC genommen haben und unwissentlich unter Nebenwirkungen leiden. Somit macht ein Vergleich zwischen der Prüf- und der Kontrollgruppe wenig Sinn.



Muskuläre Beschwerden


Bereits seit 2011 warnte die Amerikanische Arzneimittelbehörde FDA, dass FC schwerwiegende neuromuskuläre Erkrankungen (Myasthenia gravis) verursachen können, die zu belastungsabhängiger Muskelschwäche und einer schnellen Ermüdung führen können. Die muskelschädigende Wirkung von Fluorchinolonen beruht auf der Hemmung der neuromuskulären Übertragung und der Störung des mitrochondrialen Energiestoffwechsels.


Die folgende Grafik zeigt, dass Muskelschwächen zu den häufigsten muskulären Beschwerden gehören, die von den Teilnehmern der Umfrage genannt wurden. Dabei ist oft der gesamte Körper betroffen. Weitaus weniger häufig ist der Muskelschwund (Muskelatrophie), der sich über eine Verringerung der Muskelmasse auszeichnet. Auch diese Beschwerden treten oft im gesamten Körper und weniger lokal auf. Im Gegensatz dazu stehen lokale Beschwerden wie Muskelentzündungen und -verhärtungen, die sich vor allem in den Extremitäten (Arme und Beine) aber auch lokal begrenzt im Rücken zeigen.



Hier geht es zu Teil 3 des Auswertung der Online-Befragung von Betroffenen: "Nebenwirkungspotential der einzelnen Fluorchinolon-Wirkstoffe"



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